Leonardo Padura
Der Mann, der Hunde liebte
Aus dem kubanischen Spanisch
von Hans-Joachim Hartstein
Unionsverlag, 2011, 730 Seiten, 28,90 €
Als junger Mann wollte Iván Schriftsteller werden. Diesen Plan gab er jedoch nach der unangenehmen und folgenschweren Begegnung mit der kubanischen Zensur auf.
Das Leben ist hart und beschwerlich in Castros Mangelwirtschaft, und die Freizeitmöglichkeiten sind überschaubar, wenn man wenig Geld hat. Iván fährt daher oft mit dem Bus aus Havanna raus und geht
am Strand spazieren. Dort begegnet er einem Mann mit zwei Hunden, und sie kommen ins Gespräch. Der unbekannte, etwas rätselhafte Mann fängt an, Iván die Geschichte des Trotzki-Mörders Ramón
Mercader zu erzählen. – Dies sind zwei Erzählstränge des großartigen Romans: Zum Einen erzählt Iván von seinem Leben in Kuba und von der Begegnung mit dem „Mann, der Hunde liebte“. Zum Anderen
erzählt der geheimnisvolle Unbekannte detailgenau die Geschichte des idealistischen Sowjetagenten und Trotzki-Attentäters Ramón Mercader. In einem weiteren Strang werden der immer verzweifelter und
hoffnungsloser werdende Kampf Trotzkis gegen Stalin, Trotzkis Verbannung, seine Flucht und die Stationen seines Exils geschildert.
Padura spannt den Handlungsbogen über fast ein Jahrhundert: beginnend mit der Russischen Revolution, der nach Lenins Tod folgenden brutalen Machteroberung durch Stalin mit der systematischen
Liquidierung aller Konkurrenten, dem skrupellosen machtpolitischen Agieren der Sowjetunion im Spanischen Bürgerkrieg, dem sich anschließenden 2. Weltkrieg, dem dann folgenden Kalten Krieg bis in das
autoritäre Kuba Castros der Gegenwart. In dem vielschichtigen Roman begegnet einem nicht nur viel Geschichte, sondern man lernt auch, wie gering der Unterschied zwischen Idealismus und Verblendung
sein kann, und wohin die Bereitschaft zur völligen Selbstaufgabe zu Gunsten einer Ideologie führen kann.
Empfohlen von Ralph Wagner